Der Diktator
Filmstart: 17.05.2012
Darsteller: Sacha Baron Cohen, Megan Fox, Ben Kingsley
Regie: Larry Charles
Homepage: http://www.derdiktator-film.de/
General
Admiral Aladeen alias Sacha Baron Cohen hilft einer jungen Frau bei
der Entbindung. Trotz der einen oder anderen Komplikation läuft
alles glatt und er hält triumphierend das neugeborene Baby in der
Hand. Plötzlich verzieht er seine Miene
und verkündet entrüstet die schlechten Neuigkeiten: “Mist, es ist
ein Mädchen… Wo ist der Mülleimer?”. Wer jetzt laut lachend
aufschreit, der wird seine helle Freude am “Diktator” haben,
allen anderen wird mit derartig bösartigen Witzen wohl der Atem
stocken und die Kinnlade herunter fahren. Und das,
obwohl Cohen hier nach “Borat” einen Gang zurück schaltet.
Während der talentierte Entertainer mit “Ali G in da House”,
“Borat” und “Brüno” noch Charaktere aus seiner eigenen
Fernsehshow für die große Leinwand aufbereitete,
ist “Der Diktator” nun der erste Spielfilm von und mit Mister
Cohen, der hier am Drehbuch mit gewerkelt hat.
Und da wären
wir auch gleich bei den Schwächen des neuesten Streiches vom
Anarcho-Komiker: waren die letzten Filme noch mit einer Art
entlarvendem Journalismus gespickt, wenn “Borat” als
engstirniger, kasachischer Journalist beispielsweise während einer
Rodeo-Veranstaltung seine eigene kasachische Version der
US-amerikanischen Nationalhymne im Salem Civic Center singt und mit
lauten “Buh”-Rufen kämpfen muss oder wenn er als schwuler
Österreicher Brüno für seine Modesendung “Funkyzeit” mit
Waffennarren aus Texas campt und fast erschossen wird, als er
versucht einem der Südstaatler ins Zelt zu folgen, so fehlen diese
“echten” Reaktionen gänzlich beim “Diktator”,
in dem Schauspieler nur mit anderen Schauspielern agieren.
So muss
natürlich eine gewisse Dramaturgie aufgebaut werden und diese greift
nicht immer perfekt. Doch
— keine Angst — “Der Diktator” ist nicht das Desaster,
welches die unterirdischen Trailer heraufbeschworen haben. In
der einen oder anderen Szene blinzelt gar der Glanz alter
“Borat”-Tage hervor;
allein
beim Start des Films, der dem leider verstorbenen nordkoreanischen
Machthaber “Kim Jong Il” gewidmet ist oder als Aladeen in seinem
Hotelzimmer auf der Wii-Konsole das Münchner Olympia-Attentat von
1972 mit putzigen Computer-Terroristen nachspielt, wird scharf mit
der Kalauer-Kanone geschossen. Frauen mit Kurzhaarschnitt werden als
kleine Jungs tituliert
und in einer Szene, als Aladeen die Masturbation für sich entdeckt
und dabei an den jungen Forrest Gump denkt, der seine Beinschienen
verliert, muss man einfach schmunzeln. In anderen Momenten wirkt gar
die recht kurze Spielzeit von 80 Minuten ein wenig langatmig.
Doch
so wie nicht jeder Witz und jede Situation perfekt getimt sind,
sind diejenigen,
die wirklich sitzen, zum losgrölen.
Vor allem lohnt es sich auch wieder - wie bei jedem Sacha-Baron-Cohen-Werk - die ausgefallene PR-Kampagne zu betrachten. Nicht nur, dass sich der Herr General auf jedem seiner öffentlichen Auftritte mit einer Auswahl an ultra-hübschen, uniformierten Soldatinnen-Models zeigt, auch während der Live-Berichterstattung vom Roten Teppich der Oscarnacht bekam ein recht bekannter Moderator während eines Interviews die vermeintliche Asche von Despot Kim Jong-Il über seinen Anzug geschüttet.
Der Diktator mit Supermodel Elisabetta Canalis |
Pressekonferenzen in New York betritt Cohen natürlich
in seiner Rolle als Alleinherrscher der fiktiven Republik Wadiya und
begrüßt die versammelten Journalisten als “Teufel der
zionistischen Medien”.
Im
US-Fernsehen wird Regisseur Martin Scorsese, gefesselt an einem
Stromschocker, dazu genötigt in den höchsten Tönen über den neuen
Film zu sprechen und zur Weltpremiere in London ging es bewaffnet mit
einem orangenen Lamborghini, seinen uniformierten Jungfrauen-Models
und einer goldenen Knarre in der Hand.
Wenn hier Realität und
Fiktion gemixt werden, kennt Baron Cohen einfach keine Grenzen und
genau deshalb scheinen ihn auch alle seine Kollegen so zu lieben.
“Der Diktator” ist prall gefüllt mit Cameos berühmter Leute.
Nicht nur,
dass
Ben Kingsley (Sacha Baron Cohens Co-Star in dem Scorsese-Film “Hugo”)
seinen Sekretär mimt, auch Megan Fox, Anna Faris oder John C. Reilly
sind sich nicht zu schade, mit dabei zu sein. „Der Diktator“ ist
politisch unkorrekt, frauenverachtend, bösartig und dabei extremst
lustig. Auch wenn man nach der Sichtung bei all den Lachern über
etliche Minderheiten ein schlechtes Gewissen hat und am liebsten
Duschen würde – dieser Kinobesuch ist es wert.
60%
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