Sonntag, 19. Februar 2012

Cage Rage: Nicolas Cage im Portrait

Es gibt niemanden der so ist wie Nicolas Cage.






Der Vollgas-Schauspieler ist ein cineastisch aufleuchtender Sonderling mit einem uneingeschränktem Spielraum, dessen weit gestreute Filmographie seines gleichen sucht. Wie ein Heroinjunkie auf der Suche nach seinem nächsten Schuss, rast Nic Cage durch seine Filmprojekte.


Ob er nun geistesgestörte Vietnamveteranen, zwangsneurotische Betrüger, russische Waffenhändler, moralische Kreuzritter, PS süchtige Autodiebe, einen Rächer aus der Hölle, sich zu Tode trinkende Drehbuchautoren, drogensüchtige Sanitäter, Crack rauchende Polizisten oder einen Engel spielt: Nicholas Kim Cage fasst seine schauspielerische Hingabe selbst so zusammen: „Hollywood wusste nicht ob ich wirklich spielte, oder echt verrückt war“. Für David Lynch ist er der „Jazzmusiker der Schauspielerei“





Der 1964 geborene Sohn des italienisch stämmigen Literatur Professors August Coppola (Bruder von Regisseur Francis Ford Coppola), der deutschstämmigen (Omi kam aus Cochem an der Mosel) Tänzerin und Choreographin Joy Vogelsang, änderte seinen prominenten Nachnamen schon früh in seiner Karriere, um ein eigenes Image mit eigenartig schrulligen Rollen auf zu bauen.



Die High School schmiss Cage schon mit 17 Jahren. Natürlich aus Protest, denn dort hatte man dem komischen Kauz, der sich bei seinem Abschlussball Anzug und Schuhe voll kotzte und deshalb von seinem eigenen Limousinenfahrer nicht mehr ins Auto gelassen wurde, keine Rolle in der Schulaufführung spielen lassen. Ein Job musste her, am besten irgendwas auf Marschroute zu einer Filmkarriere. Also verkaufte er Popkorn im kalifornischen Fairfax Kino. Schliesslich hielt er sich bei Onkel Francis als Anspielpartner für die Castings von „Rumble Fish“ über Wasser, die ihm in dem Streifen die Rolle eines der Gangmitglieder abwarfen.







Seine Risikofreudigkeit independent Filme mit einer mainstreamigen kommerziellen Sensibilität zu vermischen hat auf lange Dauer Erfolg gewährleistet. In der Tat hat Cage seit seinem Oscargewinn für „Leaving Las Vegas“ 1995 eine Strategie entwickelt zwischen freakigen, unkonventionellen Rollen und total anderen, eher kommerziellen Action Blockbustern hin und her zu pendeln wie sonst kein anderer.






Doch für seine eigenwillige Interpretation der Charaktere erntete Cage auch schon böses Blut. Die Coens sahen in ihm eigentlich einen Hollywoodschönling ala Kevin Costner und dann tauchte dieser schrullige Typ mit seinen wild durcheinander fliegenden Haaren am Set auf. Auch bei „Peggy Sue hat geheiratet“ wurde er fast gefeuert, weil er einfach nicht Kathleen Turners „Babe“ sein wollte und die Rolle ein wenig bizarrer verkörperte.


Privat scheinen seine großen Leidenschaften wohl Immobilien und Comics zu sein. Nicht nur Schloss Neidstein im bayerischen Dorf Etzelwang oder Midford Castle in der Nähe von Bath in England haben es ihm angetan, auch das Domizil von John Wayne in Newport Beach in Kalifornien legte sich Cage 2007 für satte 24 Millionen Dollar Kaufpreis zu. Sein selbst gewählter Nachname entstammt dem Marvel-Superhelden Luke Cage, der einer der ersten schwarzen Comicheroen war und Cage’s 2005 geborener Sohnemann Kal-El ist nach seinem Lieblingscomic „Superman“ benannt. 






Der Legenden und Mythen liebende Filmkünstler, dessen Helden harte Kerle wie Clint Eastwood und Jack Nicholson sind, wollte vor seiner Karriere erst Boxer, dann Zauberer oder Rennfahrer werden. Die beiden letzteren Wünsche erfüllte er sich in „Duell der Magier“ oder „Nur noch 60 Sekunden“, aber auch für seine Freunde tut er so einiges. Als er Anfang der 80iger Jahre mit Johnny Depp (der war damals noch Musiker in Florida) eine Runde Monopoly zockte, erkannte er seine Begabung und ermutigte ihn, es mal mit der Schauspielerei zu probieren. Nach einem Treffen mit Cage’s Agenten startete Depp’s Traumkarriere.






Auch die Ladys standen bei Mister Cage Schlange: Affären werden ihm mit DiCaprio-Freundin Kristen Zamg, Uma Thurman oder Model Christine Fulton, mit der er seinen erstgeborenen Sohn Weston (1992) zeugte, nach gesagt. Von 1995 − 2001 war er mit Kollegin Patricia Arquette verheiratet. 2002 Schnappte sich Nic dann die wohl größte Trophäe eines jeden hingebungsvollen Elvis Fans: Presley’s Tochter Lisa Marie, mit der er 2 Jahre verheiratet war. Seine jetzige Frau Alice Kim Cage entführte er aus einem Sushirestaurant in dem die 20-Jährige kellnerte und schleppte sie gleich zum Traualtar.
Es war in den Neunzigern, vor seiner Rolle in „The Rock“ (1996), als Cage’s Weg noch auf Independent-Film-Exzesse geebnet war. 


Er glänzte in abgefahrenen Streifen wie „Raising Arizona“, „Vampire’s Kiss“ (Indem er in selbstloser „method- acting-manier“ lebendige Kakerlaken mampfte) oder David Lynch’s überladenem „Wild at Heart“, bis Superproduzent Jerry Bruckheimer etwas ganz anderes in Cage’s wilden Augen sah. Er sah einen großen Hauptdarsteller. Jemanden der fähig war Kraft und Komplexität in die Rolle eines Actioncharakters zu bringen. Mit Krawall-Hits wie „Con Air“ oder „Face/Off“ positionierte sich Cage in den späten Neunzigern als erste Adresse für harte Actionkost und löste Muskelpakete wie Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone von ihrem Thron ab. Seitdem schöpft er seine Angebote aus vielen verschiedenen Quellen, schwankend zwischen riesigen und eher kleinen Projekten. Wenige erinnern sich wohl an „Windtalkers“, „The Family Man“ oder „Bangkok Dangerous“, aber Cage gibt nicht auf. „Natürlich muss ich arbeiten“, sagt er in einem Interview, „ich finde immer wieder etwas Befriedigendes in meinen Rollen“. Das kann man gerne unterschreiben, wurden wir doch erst kürzlich Zeuge wie er den Killer-Superhelden Big Daddy in „Kick Ass“ spielte oder seine skurill oscarreife Darstellung des abgefuckten Iguana-beobachtenden Bullen in Werner Herzogs verrückten „Bad Lieutnant“ meisterte.





Bereuen wird er wohl keine seiner Entscheidungen. Aber wieso sollte Nic Cage, der erst vor kurzem Leonardo DiCaprio bei einer Auktion mit 276.000 Dollar den echten Schädel eines Tyrannosaurus Rex weg kaufte, irgendetwas bereuen? Das einzige, was er an seinem Lebensende wirklich bedauern wird, ist der Verlust der drei Comic-Bücher, die aus seinem Privatbesitz geklaut wurden und nie wieder zu ihm zurück fanden. Darunter war auch die Erstausgabe von „Superman“. Lieber Nic, wir trauern mit dir.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen