Samstag, 6. August 2011

Gesichtet: Hell 2011


HELL 

Deutschland 2011 
Filmstart: 22. September 2011
Regie: Tim Fehlbaum
Prouktion: Roland Emmerich, Paramount Pictures


Darsteller: Hannah Herzsprung, Angela Winkler, Stipe Erceg, Lars Eidinger, Lisa Vicari 









Es ist heiß in Regisseur Tim Fehlbaums Hölle, verdammt heiß. Wir schreiben das Jahr 2016, die Sonne hat mit ihrer Strahlkraft alles dahingerafft, was sich tagsüber nicht in irgendeiner Höhle verstecken, oder hinter Holzbarracken einmauern kann. Auch Deutschland ist der Apokalypse nicht entkommen. Marie (Hannah Herzsprung), ihre kleine Schwester Leonie (Lisa Vicari), Freund Phillip und Mechaniker Tom (Stipe Erceg) haben ihr Hab und Gut in einen abgewrackten Volvo verfrachtet und sind unterwegs in Richtung Gebirge, wo es Wasser geben soll. 



Ja, in 5 Jahren sind sie vorbei, die Tage in denen man stundenlang unter der Dusche stehen konnte. Körperpflege? Fehlanzeige! Hier wird um jeden Tropfen Wasser gekämpft. Und Debutregisseur Fehlbaum weiß wie man solch Umstände inszeniert. Die Darsteller sehen aus, als wären sie stundenlang durch Matsch gekrochen und hätten sich Jahre die Haare nicht gewaschen. Wie Vampire verkriechen sich die Hauptakteure immer wieder in ihren mit Zeitungsfetzen abgedunkelten Wagen. Dazu kreieren die Filmemacher durchgestylte Bilder. Grelles Sonnenlicht brennt sich in die Netzhaut der Zuschauer und erzeugt einen nahezu körperlich spürbaren, nüchternen Realismus, den es selten in deutschen Produktionen zu sehen gibt.



In “Hell” sieht es nicht allzu gut aus für die Perspektive der Menschheit, sogar vor Vergewaltigung und Kannibalismus wird nicht halt gemacht. Verstörend wirkt “Die Blechtrommel”-Star Angela Winkler als erbarmungsloses Backwood-Familien-Oberhaupt und man fragt sich unweigerlich: Wie es kommen kann, dass es so ein Stoff durch hiesige Filmförder-Gremien schafft? Gut, US-Regie-Star Roland Emmerich und die Paramount sind in den Credits zu lesen, deshalb wohl der eher internationale Flair. Trotzdem setzt man in den Büros einheimischer Filmförderanstalten bekanntlich eher auf spröde Geschichts-Dramen, Beziehungskomödien oder Migrationsthemen. “Hell” kommt ganz ohne Furzwitze, zermürbende Krebsleiden oder Til Schweiger daher. Ein deutscher Genrefilm, der auch noch gut ist. Spannend erzählt, beklemmend inszeniert und ohne jegliche Pseudomoral.







Auf dem Filmfest München gefeiert, zeigt “Hell” zwar für versierte Genrefans nichts Bahnbrechend Neues auf der Leinwand, kokettiert mit Elementen des Splatterfilms, suhlt sich nicht in Blut und Gedärmen, aber wirkt trotz Erstlingswerk als wirklich facettenreicher Endzeitstreifen. So was gibt es in Deutschland also doch, auch wenn Hannah Herzsprung und ihre Kollegen dafür bachstäblich durch die Hölle mussten, nach solchen Geschichten lecken sich Schauspieler hier noch immer die Finger. Reingehen und bitte mehr davon!

80%



















Text: Markus Breuer, Fotos: Paramount Pictures 

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